Indianer Kanadas

Geschichtliches
Irokesen
Situation heute
Sicht der Europäer

 

Geschichtliches über die Indianer und Inuit (Eskimos):

Die Vorfahren der Indianer kamen während der Eiszeiten vor mindestens 35 000 Jahren über die Behringstraße nach Nordamerika. Sie breiteten sich im Lauf der Jahrtausende über den Kontinent aus. Es entwickelten sich eigenständige Kulturgruppen: Halbnomadische Jägerstämme lebten im Norden und äußersten Osten Kanadas. Die Irokesen und Huronen der Waldlandkultur in der Region um den St. Lawrence waren dagegen seßhaft und bauten Mais, Bohnen und Tabak an. Die Stämme der Plains-Kultur in den Prärien des Westens folgten den großen den Büffelherden, während das reiche Nahrungsangebot an der Westküste den dortigen Stämmen genügend Muße ließ, sich zu kunstfertigen Holzschnitzern zu entwickeln. Die Vorfahren der heutigen Inuit besiedelten von Alaska aus erst vor etwa 1000 Jahren die kanadische Arktis.
Die ersten Jahrzehnte im Kontakt mit den Weißen verliefen für die kanadischen Ureinwohner nicht ganz so traumatisch wie für ihre Brüder in den USA. Die Pelzhändler waren auf die Hilfe der Indianer angewiesen und griffen nur begrenzt in ihre Lebensweise ein. Allerdings dezimierten aus Europa eingeschleppte Krankheiten die Stämme. Erst mit der Besiedelung des Westens im 19.Jahrhundert wurden die Indianer in Reservate abgedrängt. Nach Verbesserungen in der Gesundheitsversorgung leben heute rund 580 000 Indianer und 50 000 Inuit in Kanada.
In der Verfassung von 1982 wurden ihre Rechte als ursprüngliche Besitzer des Kontinents anerkannt. Dies und das erstarkte Selbstbewußtsein der Ureinwohner haben dazu geführt, daß derzeit zahlreiche Stämme im Norden und Westen Landrückgaben und Selbstverwaltung fordern.
Den spektakulärsten Erfolg erzielten dabei die Inuit:
Im Jahr 1999 werden sie im hohen Norden Kanadas ihr eigenes Territorium erhalten. Nunavut (Unser Land) soll es voraussichtlich heißen.

 

 

Die Geschichte der Indianer am Beispiel der Irokesen:

Heimat der Irokesen:
Das ursprüngliche Heimatland der Irokesen war von New York aufwärts zwischen dem Adirondack-Gebirge und den Niagara-Fällen. Die Irokesen breiteten sich vorwiegend im Nordosten der USA und in Ostkanada aus. Um 1680, reichte ihr Einflußgebiet von der Chesapeake Bay über Kentucky bis zum Zusammenfluß des Ohios und des Mississippis; dann entlang des Illinois zum südlichen Ende des Michigan-Sees; östlich entlang Michigans, Süd-Ontarios und Teilen Quebecs, New Englands bis Pennsylvania.

Während der hundert Jahre, die der amerikanischen Revolution vorausgingen, wurden die Irokesen durch die Kriege mit den Algonquins und britischen Siedlern in ihr ursprüngliches Gebiet zurückgedrängt. Der Entschluß, sich mit den Briten während des Unabhängigkeitskrieg zu verbünden, war ein großer Fehler. Die Invasion der Amerikaner in ihr Gebiet 1779 vertrieb viele Irokesen ins südliche Ontario, wo sie sich dann niederließen. Die größten Reservate befinden sich heute im Süden Ontarios und Quebec.

Bevölkerung:
Wenn man den Einfluß der Irokesen auf die Geschichte betrachtet, ist erstaunlich, daß es um 1600 gerade einmal 20 000 Irokesen gab. Durch die Besiedlung des Kontinents durch die Europäer wurde ihre Zahl durch eingeschleppte Krankheiten und durch Kampfhandlungen halbiert. In der Folgezeit schloßen sie sich mit anderen Indianerstämmen zusammen und wiesen dadurch um 1660 wieder eine Bevölkerungszahl von 25 000 auf. Jedoch verlief dieser Zusammenschluß nicht ohne Probleme, zuletzt auch dadurch bedingt, daß die Irokesen in dem von gegründeten Völkerbund eine Minderheit darstellten.

Auch der Unabhängigkeitskrieg sollte noch verheerende Auswirkungen auf die Bevölkerung der Irokesen haben. Gegen Ende des Krieges gab es weniger als 8000 Irokesen.
In der Folgezeit ging es mit den Irokesen wieder aufwärts, was zur Folge hatte, daß die Nachkommen wieder stolz auf ihre Abstammung waren und das Erbe ihre Vorfahren antraten. 1940 wurden lediglich 17 000 Irokesen in den Reservaten gezählt. In heutiger Zeit leben bereits 70 000 Irokesen in Nordamerika, was somit einmalig in der Geschichte des Stammes ist. Davon leben ungefähr 3000 in Ontario. Im größten Reservat Ontarios (Grand River Reserve) leben um die 600 Indianer, die aus allen 6 Irokesenstämmen stammen.
Den größten Erfolg feierten die Seneca, einer der 6 Stämme der Irokesen, die es als einzige der Ureinwohner Amerikas geschafft haben, eine eigene Stadt zu gründen (Salamanca, N.Y.).

Lebensweise:
Die Irokesen hatten auch richtige Siedlungen angelegt, in denen sie ständig wohnten. Diese Dörfer waren zum Schutz mit hohen Palisaden umgeben. Außerhalb der Schutzzäune bauten die Indianer Mais und verschiedene Nutzpflanzen an. Ihre Häuser hatten eine längliche Form und meist ein schräges oder halbrundes Dach aus Ulmenrinde. In der Mitte des Irokesenhauses befand sich die Feuerstelle, wo auch gekocht wurde. Im Winter war dadurch der ganze Raum geheizt. Eine Großfamilie bewohnte ein Haus. Häuser und Felder waren Besitz der Frauen, obwohl die Männer sie gebaut und angelegt hatten. Sie wurden auch nicht vom Vater auf den Sohn, sondern von der Mutter auf die Tochter vererbt. Nun könnte man meinen, die lrokesenmänner hätten nichts zu sagen gehabt. Genau das Gegenteil war der Fall: Bei ihren Nachbarn waren sie so gefürchtet, daß diese schon von weitem vor ihnen die Flucht ergriffen.Die Furcht vor den Irokesen bestand deshalb, weil diese ihre Feinde skalpierten. Sie glaubten nämlich, daß die Haare eines Menschen übernatürliche Kräfte besäßen. Um die bösen Geister zu vertreiben, schnitzten die lrokesen aus lebenden Bäumen sogenannte Falschgesichter.Diese wurden dann bemalt und mit einem Büschel Menschenhaar versehen.

Herkunft des Namen:
Wie bei vielen anderen Stämmen wurde ihnen der Name von ihren Feinden gegeben. Die Algonquins nannten sie "Iroqu" (Klapperschlangen). Die Franzosen fügten später dem Namen die gallische Silbe "-ois" dazu. So entstand der Name Iroquois (Irokesen). Die Irokesen nannten sich selbst Haudenosaunee, was so viel bedeutet wie das "Volk des langen Hauses".

 

 

Die heutige Situation der Indianer:

Die Indianer müssen sich in "die Lebensweise der Weißen" einfügen ­
friedlich, wenn sie es wollen, gewaltsam, wenn es sein muß. Sie müssen...
ihre Lebensweise unserer Zivilisation anpassen. Vielleicht ist diese
Zivilisation nicht die bestmögliche, aber sie ist die beste, die die Indianer
bekommen können. Sie können ihr nicht entkommen und müssen sie
entweder übernehmen oder von ihr zerstört werden...
Die Stammesbeziehungen müssen aufgelöst, der Sozialismus vernichtet
und durch die Familie und die Autonomie des Individuums ersetzt werden.

Thomas Jefferson Morgan (1889)

Die Situation der "Native Americans" ist vergleichbar mit der in der Dritten Welt.
Obwohl die Bevölkerungszahlen ansteigen, haben die Nachkommen der Ureinwohner mit großen Problemen zu kämpfen. Nicht nur unzureichende Bildungsmöglichkeiten, Armut, schlechte medizinische Grundversorgung und hohe Arbeitslosigkeit, sondern auch die Bedrohung ihres Landes und der natürlichen Ressourcen durch profitgierige Konzerne erschweren das Leben der Indianer.

Nichts unterscheidet die Jahrtausendwende von der Pionierzeit:

Im indianischen Geschichtsbewußtsein ist die Vergangenheit Begleiter in die Zukunft: Der 12. Oktober 1992 ist auch der 12. Oktober 1492. Das Jubiläum der Eroberer ist die Trauerfeier der Eroberten: 500 Jahre Unterdrückung sind auch 500 Jahre Widerstand.
Der indianische Widerstand ­ von Kanada und den USA als "nationales Problem" behandelt ­ war nicht mehr nur Antwort auf regionale Mißstände, sondern hatte eine globale Dimension angenommen und hatte sich darin bewährt. Immer mehr Indianer treten mittlerweile aus der Abgeschiedenheit der Reservation heraus und beteiligen sich an der Erdpolitik am Ende des zweiten Jahrtausends.
So ist es inzwischen zur Selbstverständlichkeit geworden, daß auf internationalen Konferenzen in Rio de Janeiro, Frankfurt oder Denver ein Sprecher der Haudenosaunee eine Arbeitsgruppe leitet, ein Schriftsteller der Kiowa seine Sicht der Welt beisteuert oder ein Medizinmann der Lakota die Sitzung mit einem Gebet eröffnet. Auf dem Erdgipfel in Rio de Janeiro war die gemeinsame Stimme der indigenen Welt nicht zu überhören.
Daß die Vollversammlung der Vereinten Nationen sich schließlich dazu bewegen ließ, daß Jahrzehnt von 1994 bis 2004 zur "Decade of The Indigenous Peoples of the World" zu ernennen, zeigt ebenso wie die Fernsehserie "How the West Was Lost" aus dem Hause Teed Turner, daß der vielbeschworene Paradigmenwechsel auch die Etagen der Entscheidungsträger erreicht hat.

Ihr könnt genauso gut erwarten, daß die Flüsse rückwärts fließen,
als daß ein Mensch, der frei geboren wurde, damit zufrieden ist,
eingepfercht zu leben, ohne die Freiheit, zu gehen, wohin er beliebt.

Chief Joseph (Nez Percé)

 

 

Nordamerikanische Indianer aus der Sicht der Europäer:

von Erik Lee Christopherson (Indianer aus Kanada)

Während meines Aufenthaltes in Deutschland und Österreich bin ich vielen Menschen mit völlig unterschiedlichen Vorstellungen von Eingeborenenvölkern begegnet. Die ersten, die mir aufgefallen sind, werden als Hobbyisten bezeichnet, ein merkwürdiges Völkchen. Viele Hobbyisten interessieren sich nicht für heutige Indianer, sie befassen sich mit den Klischeevorstellungen über Indianer früherer Zeit; denken sie an Indianer, fallen ihnen berühmte Bilder aus der Zeit von vor hundert Jahren ein. Viele ihrer Vorstellungen haben sie nur aus Büchern, wie sie Karl May und andere geschrieben haben.

Karl May hatte Amerikas Indianer nie besucht und schrieb erfundene Geschichten, welche die Indianer als sehr edel darstellen. Oft kämpfen in seinen Büchern gute gegen böse Indianer. Viele Hobbyisten klammern sich an nostalgische Klischees, die in vielen Fällen nur wenig mit der Wahrheit oder mit historischer Wichtigkeit zu tun haben.

Interessant war, zu erfahren, daß es in Deutschland die Redewendung gibt »Ein Indianer kennt keinen Schmerz!« Das ist natürlich sehr schmeichelhaft, wenn man es genau bedenkt, aber natürlich nicht wahr. Vielleicht ist diese Vorstellung entstanden, weil Bilder über die Sonnentanzzeremonie verbreitet wurden. Bei dieser Zeremonie werden Haut und Muskeln durchbohrt, um die eigene Fähigkeit unter Beweis zu stellen, sich über die physische Realität zu erheben und auf einer spirituellen Ebene zu kommunizieren.

Andere wiederum begeistern sich für indianische Spiritualität und gehen dabei sogar soweit, große Summen für eine Schwitzhüttenreinigung zu bezahlen. Ich halte diese Geldmacherei durch den Verkauf von Traditionen und Zeremonie für sehr falsch. Die Europäer, die so etwas tun, sind offensichtlich auf der Suche nach etwas, doch sie sollten sich besser ihren eigenen Herzen zuwenden, um spirituelle Erfahrungen zu machen. Das ist etwas, das nicht verkauft werden kann, weil es von Innen kommt. Die Menschen, die von sich behaupten, sie seien eine Art spirituelle Lehrer tragen nur zur Kommerzialisierung und Ausbeutung dessen bei, was den Indianern sehr heilig ist. Dieses Heilige kann man auch (mit-) teilen, doch ist es meine Überzeugung, daß die Gründe derjenigen, welche damit Geld machen, ebendies zerstören.

Eine weitere Gruppe von Leuten, die sich für Ureinwohner interessieren sind die Unterstützer, wie die Gesellschaft für bedrohte Völker in Wien oder die Big Mountain Aktionsgruppe in München. Diese Leute sind besser über die heutige Situation der First Nations informiert, als andere, sie kennen sich zum Beispiel sehr gut mit Landrechtsfragen aus. Die Mitglieder der Unterstützungsgruppen entwickelten sich häufig auf dem gleichen Hintergrund wie die Hobbyisten, im Gegensatz zu ihnen haben sie ihre Hausaufgaben gemacht und scheinen besser zu verstehen, wer wir wirklich sind.

Die Unterstützungsgruppen kennen das politische Klima in Kanada, in einem Land, das Verträge nicht einhält und dessen Regierung sich oft weigert, den Indianern überhaupt zuzuhören. Weil die Mitglieder der Unterstützungsgruppen über Informationen und Erfahrungen aus erster Hand in Kanada und den USA verfügen, war es während unseres Aufenthaltes leichter uns mit ihnen zu verständigen, als beispielsweise mit den Hobbyisten.

Nach meinen Erfahrungen gibt es in Deutschland und Österreich Interesse an vielen verschiedenen Ureinwohnervölkern in einer Vielzahl von Ländern. Es existieren Stereotypen, wie der vom »edlen Wilden« und viele weniger gut informierte Leute haben verzerrte Vorstellungen davon, wer wir sind, andere wissen recht gut um unsere Probleme. Die Unterstützungsgruppen können brauchbare Hilfe leisten, wenn es um die Auseinandersetzung mit der kanadischen Regierung geht, um Vertragsrechte, Landbesitz, Menschenrechte und Umweltprobleme. Die kanadische Regierung weigert sich diese Themen in Zusammenarbeit mit den Ureinwohnernationen zu diskutieren und manchmal, wenn sie glaubt, sie kommt damit durch, verwendet sie auch gewaltsame Mittel, um uns zum Schweigen zu bringen. Wenn die Welt zuschaut und etwas von der Sache versteht, ist das nicht möglich. Deshalb sollte die Indianer die Beziehungen nach Europa weiter ausbauen.

Am meisten beeindruckt hat mich die Tatsache, daß in vielen Fällen Indianer mehr Unterstützung von Menschen in anderen Länder erhalten könnten, als von den Politikern und Regierungen unseres eigenen Landes.    

 

Dieses Bild verdeutlicht die heutige Lage der Indianer, die mit der Zerstörung ihres Lebensraums konfrontiert werden

 

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Dennis Seitzer und Christoph Schill