Schulnetzbetreuung in der Praxis (2001)
Isolde-Kurz-Gymnasium Reutlingen

 

 

Das Netzwerk des IKG ist mit derzeit ca. 30 Arbeitsstationen (ohne Verwaltung) nicht besonders umfangreich. Es eignet sich aber wegen der 6 Server und der Vielfalt der Experimentiermöglichkeiten sowie der bis heute großzügigen Handhabung der Benutzerverwaltung und Zugangsregelungen für eine Fallstudie. Dabei stehen weniger die Funktionsfähigkeit der einzelnen Komponenten sondern vielmehr personelle und verwaltungstechnische Fragen im Vordergrund:

Wie werden – vor allem auch im Hinblick auf den Erweiterungsbau und die bevorstehenden Neuausstattungen –  die Aufgaben verteilt und die Zuständigkeiten geregelt?

 

Es ist seit langem bekannt, dass Schulnetzwerke in der Praxis den ‚worst case’ darstellen, bzw. höchste Ansprüche an den technischen Support und die Betreuung stellen:

 

 

 

Während es in ‚Gründerzeiten’ noch möglich war, Schulnetzwerke als Freizeitjob und mit der Hilfe von Schülern zu administrieren (siehe ../ikgtech.htm - dort auch weitere Links), erfordern vollständig vernetzte Schulen eine Professionalität der Verwaltung von Netzwerken, die durchaus mit den Anforderungen eines größeren Betriebs vergleichbar ist und vor Ort erbracht werden muss.

 

Übergeordnete Aspekte sind:

 

 


IKG-Netztopologie

 

Wie bei allen Schulen, die schon vor über 5 Jahren (1994/95) mit der Vernetzung begonnen haben, handelt es sich bei unserem LAN und dem Angebot im Internet um eine gewachsene Struktur, die sich in verschiedenen Phasen der Erweiterung und Migration herausgebildet hat. Das wesentliche Merkmal unseres Netzwerks ist die dezentrale Struktur mit derzeit drei NT-Domänen und sechs Servern (NT, Linux und Notes).

 

 

 

Neben den üblichen Computerräumen und Einzelplatzrechnern in Fachräumen arbeiten wir noch mit 30 Laptops und 30 Handhelds, sowie mobilen PCs, die ebenfalls alle an das lokale Netzwerk angeschlossen werden können. Spätestens in einem Jahr steht die nächste (auch räumliche) Migration bevor, wenn der Erweiterungsbau bezogen wird.

 


Funktionsbeschreibung (IKG-LAN und Internetanbindung)

 

Wegen des breiten Spektrums unseres Angebots erfordert alleine die technische Wartung und Betreuung der Geräte einen hohen Arbeitsaufwand und Fachkenntnisse, die jenseits einer Standardisierung oder ‚Musterlösung’ liegen. Eine nachträgliche Standardisierung würde viele Sonderfunktionen eliminieren und damit die über Jahre investierte Arbeit sinnlos machen. Gleichwohl ist in Zukunft ein Quasistandard unumgänglich, damit eine Grundversorgung durch den Schulträger gewährleistet ist.

 

 

 


Administration im Team

 

Je weiter die Vernetzung einer Schule voranschreitet, desto wichtiger wird neben der rein technischen Betreuung die Organisation der Benutzer- und Medienverwaltung und vor allem die Beratung des Kollegiums. Der dezentralen Struktur unseres Netzwerks entsprechend können diese Aufgaben nur durch ein Team bewältigt werden. Welche Tätigkeiten dabei täglich anfallen und welche Probleme auftreten können, soll hier kurz aufgeführt werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Fazit

 

Bei der bevorstehenden flächendeckenden Ausstattung der Schulen mit Netzwerken und Multimedia muss neben den Anschaffungskosten auch an die laufenden Kosten gedacht werden. Diese bestehen nicht nur aus der technischen Wartung, sondern fallen vor allem bei der Verwaltung der Netzwerke und der Beratung der Kolleginnen und Kollegen an. Während man in der Industrie alleine für die Wartung von 50 Rechnern eine volle Stelle einplant, gesteht man Schulen mit 1000 Schülern bis heute nur eine Deputatsstunde zu. Aber selbst wenn die technische Seite abgedeckt wird (etwa durch Outsourcing), bleibt noch der wichtigste Bereich an Schulen unversorgt, nämlich die Umsetzung der neuen Möglichkeiten im täglichen Unterricht. 

Diese Umsetzung kann im geplanten Umfang nur gelingen, wenn pro Schule mit 1000 Schülern mindestens ein volles Deputat für die Informationstechnologien zur Verfügung gestellt wird. Wegen der Vielfalt der Anforderungen wird es zweckmäßig sein, dieses Deputat auf ein Team zu verteilen und die Verteilung im einzelnen der Schule zu überlassen, damit ein guter Kompromiss zwischen einer hierarchischen Struktur (die in jeder Verwaltung notwendig ist) einerseits und ausreichendem pädagogischen Freiraum andererseits erreicht wird.

Dabei sollte man auch Mut zu Experimenten haben: Wir befinden uns nach wie vor in einer rapiden Entwicklung, der man nicht durch vorgefertigte (am Schreibtisch ausgedachte) Konzeptionen oder gar Schablonen gerecht werden kann – Innovation lässt sich nicht verordnen und der Erfolg lässt sich nur schwer messen. Aber es ist klar, dass funktionierende Schulnetzwerke und erst recht eine Integration der neuen Medien in den täglichen Unterricht ein großes Kapital für eine Stadt oder Region darstellen. Wenn hier ‚die öffentliche Hand’ nicht flexibel und unkonventionell reagiert, wird der Konkurrenzdruck durch Privatschulen bald unser gesamtes Bildungssystem in Frage stellen. Diese Entwicklung war übrigens schon vor fünf Jahren absehbar (siehe ../fh/mapber.htm).

Wie viel Kapital dagegen in den letzten Jahren durch Lehrerschelte (z.B. „Lehrer über 50 sind faule Hunde“, der Fraktionsvorsitzende der CDU im Landtag Baden-Württemberg) vernichtet wurde, lässt sich kaum erahnen. Eine simple Rechnung kann aber die Größenordnung des Schadens verdeutlichen: Wenn durch solche Äußerungen (hinter denen ja auch eine entsprechende Haltung steht) die Motivation eines Lehrers nur so weit sinkt, dass er in jeder Unterrichtsstunde vier Minuten völlig ineffektiv unterrichtet, dann bedeutet das pro Lehrer einen Unterrichtsausfall von 100 Minuten in der Woche (oder 10% Unterrichtsausfall) - ganz zu schweigen von den fatalen Auswirkungen, die solche ‚Schwerpunkte der Bildungspolitik’ auf das Engagement der Netzwerkbetreuer haben können, die sich in den letzten fünf Jahren unermüdlich und oft gegen alle möglichen Widerstände in der Verwaltung und Politik für eine Innovation eingesetzt haben.

 

Die Schulnetzbetreuung hängt natürlich auch stark davon ab, welche Art von Netzwerk betreut werden soll. Auch hier sollte man den Schulen möglichst großen Spielraum lassen. Unsere Projekte 'Mobiles Klassenzimmer’ und 'MathCom’ und Erfahrungen der letzten Jahre zeigen allerdings, dass der Unterricht mit den neuen Medien nur dann einen hohen Wirkungsgrad erreicht, wenn jeder Schüler seinen eigenen Laptop (oder Handheld-PC) hat. Dazu gehört auch der Einsatz des Rechners bei der Leistungsmessung (auch im Abitur): Sobald der Schüler für seinen Rechner verantwortlich ist und mit ihm auch Klassenarbeiten und Klausuren schreibt, reduziert sich in der Summe die Betreuung der Schulcomputer gewaltig - entgegen allen Befürchtungen. Dagegen erscheint das ‚Medieneckenkonzept’ nicht skalierbar: Was für wenige Klassenzimmer in der Grundschule einen gewissen Anreiz und auch eine Bereicherung des Unterrichts in einzelnen Stunden darstellen kann,  lässt sich nicht unbesehen auf ein ganzes Gymnasium transportieren. Wie soll eine Medienecke z.B. in einem Mathematik- oder Physikkurs sinnvoll eingesetzt werden? Zu welchem Prozentsatz werden die zwei bis drei Computer pro Klassenzimmer tatsächlich genutzt – sinnvoll genutzt? Mit den Medienecken werden die neuen Medien in die Ecke gestellt, zumindest wird ihr Einsatz unverbindlich gemacht.

Leider hat der Gesetzgeber einer innovativen Entwicklung den Riegel vorgeschoben. Während es in anderen Ländern (vor allem in USA) inzwischen üblich ist, die Kosten für einen Kurs mit der erforderlichen Computerausstattung (+ Software) anzugeben, streitet man sich in Deutschland noch darum, ob die Grenze für Lernmittelfreiheit bei 5,00 DM oder 5,10 DM liegt. Und so ist es auch abzusehen, dass der Streit um die Schulfinanzierung zwischen den Kommunen und dem Land in eine neue Runde gehen wird – zunächst zu Lasten unserer Schulen (und ihrer Netzwerkbetreuer) und in der Folge zu Lasten des viel gepriesenen Wirtschaftsstandorts Deutschland.

Eine Kuriosität in diesem Zusammenhang ist übrigens die Einführung des graphischen Taschenrechners im Mathematikunterricht: Obwohl von Fachleuten weltweit längst als Sackgasse erkannt, wurde diese Minimallösung im Lehrplan Baden-Württembergs festgeschrieben und damit dem Schulträger eine völlig überflüssige Last aufgebürdet.

 

Was außerdem bisher weitgehend unbedacht blieb, ist die Vernetzung des Verwaltungsnetzes mit dem Unterrichtsnetz unter Einhaltung des Datenschutzes. Bis heute gibt es nur restriktive Verordnungen, die allesamt nur ein Ziel haben: Der Arbeitgeber (hier auch Auftraggeber für Innovationen) schützt sich vor Regressansprüchen, z.B. mit der strikten physikalischen Trennung der beiden Netzwerke. Aber wie kann ein Schulnetzwerk, in dem die Verwaltung der Schülerdaten (persönliche Daten und Zeugnisse) vom Unterricht (Materialien, Benutzerverzeichnisse, aber auch Klassenarbeiten mit Noten) strikt physikalisch getrennt wird, reibungslos funktionieren?

In modernen Betrieben gibt es längst sichere Kommunikationsplattformen, auf denen der Arbeitsfluss (Workflow) auf allen Ebenen geregelt werden kann, und wir haben an unserer Schule diese Plattformen getestet (siehe http://notes.ikg.rt.bw.schule.de ). Es funktioniert! Auf diese Art können vor allem auch Materialien und Meinungen innerhalb einer Schule und mit anderen Schulen (weltweit) ausgetauscht werden. Überdies stellen solche Datenbankserver auch ein wichtiges Hilfsmittel bei der Verwaltung der Medien dar und sollten mit den Bildungsservern und den Servern der Bildstellen replizieren können.

Schließlich wird wohl auf lange Sicht jede Schule ihren eigenen Web-Server betreiben müssen (ggf. mit Spiegelung zu zentralen Servern), wenn die Integration der Schulen in die allgemeine Entwicklung wirklich Erfolg haben soll.

 

 

Eine kurze Präsentation des Referats finden Sie unter edutain.htm