What is a photon?

Diese Frage darf man wieder stellen! Natürlich weiß kein Mensch, was etwas ist, aber man wird doch noch danach fragen dürfen...

Im letzten Jahrhundert wurden solche Fragen tabuisiert durch die allmächtigen Quantenmechaniker, die mit ihrem abschreckenden mathematischen Apparat anscheinend unfehlbare Interpretationen belegten und damit einen Schleier über alles warfen, was der klassischen Beobachtung nicht zugänglich war.
Aber nun kommt wieder Bewegung in die Sache, weil man gelernt hat, mit einzelnen Atomen und Photonen zu experimentieren. In den neuen Forschungszweigen unseres Jahrtausends (wie z.B. Quantenoptik und Quantencomputer) werden all die im letzten Jahrhundert unbeantworteten Fragen neu gestellt und in vielen Artikeln behandelt. Hier ist ein besonders schöner Artikel dieser Art:

The calculated photon: Visualization of a quantum field
Martin Ligare and Ryan Oliveri
Am. J. Phys. 70 (1), January 2002

Also man weiß nicht, was ein Photon ist, kann es aber berechnen und visualisieren?
Wie macht man das?

Man setzt ein angeregtes Atom in die Mitte eines Hohlraums (für elektromagnetische Strahlung, oder für Photonen, oder einfach für Vakuum ;-)) und wartet, was passiert. Ein guter Experimentator wird sich vorher überlegen, was passieren könnte:

Für das System Atom + Hohlraum gibt es Energieeigenwerte mit Gewichten.Die Gewichte der Eigenwerte liegen auf einer Lorentzlinie. Horizontale Achse: Differenzfrequenz zur Resonanzfrequenz des Atoms mit zwei Zuständen. (Jeder zweite Eigenwert hat das Gewicht 0, weil sich das Atom für diese Eigenwerte in einem Knoten des Vakuums befindet ;-))

 [Maple Plot]

Also sollte das Atom exponentiell "zerfallen".

 

>    plot([evalc(Re(atom)),exp(-gam*t)+2*gam*Heaviside(t-1)*exp(-gam*(t-1))*(t-1)],t=0..2.6,-0.8..1,numpoints=500);

[Maple Plot]

Tatsächlich! Wir bekommen ganz klassische Kurven (grün) - wie bei der Entladung und Aufladung eines Kondensators. Die roten Kurven sind quantenmechanisch berechnet und etwas wellig, weil nur eine 100x100 Hamilton-Matrix verwendet wurde (mit einer 300x300 Matrix ist kein Unterschied zur "klassischen Kurve" mehr zu sehen). Als Zeiteinheit ist die Dauer gewählt, die das Photon benötigt, um den Hohlraum zu durchqueren. Wenn es also zur Zeit 0 in der Mitte startet, kommt es zur Zeit 1 zum Atom zurück und lädt es wieder auf (allerdings nicht ganz...). Zur Zeit 2 scheint es das Atom unter 0 zu entladen - jedenfalls seinen Realteil - das liegt an der Phasenbeziehung zwischen Atom und Photon (die klassische Kurve könnte ergänzt werden).

Wenn das Atom schwächer an den Hohlraum gekoppelt ist, sehen die Kurven so aus.

 

>    plot([evalc(Re(atom)),exp(-gam*t)+2*gam*Heaviside(t-1)*exp(-gam*(t-1))*(t-1)],t=0..2.6,0..1,numpoints=500);

[Maple Plot]

Das bedeutet einfach: Das Atom konnte seinen "Quantensprung" nicht zu Ende springen, weil das bei diesem "Quantensprung" abgestrahlte Photon vorher zurück kommt und das Atom wieder voll anregt.

Wenn sich das Atom allerdings an der "falschen Stelle" befindet, hat es Pech gehabt. Dann wird es vom Hohlraum schneller entladen als ursprünglich beabsichtigt (Nullstelle des Realteils der Amplitude) und mit umgekehrter Phase wieder angeregt:

 

>    plot([evalc(Re(atom)),exp(-gam*t)-2*gam*Heaviside(t-1)*exp(-gam*(t-1))*(t-1)],t=0..2.6,-1..1,numpoints=500);

[Maple Plot]

 

Und wie geht es dem Photon in diesem Spiel? Es kommt in verschiedenen Moden daher. Je näher die Frequenz bei der Resonanzfrequenz liegt, desto größer die Amplitude. Moden, die weiter von der Resonanzfrequenz entfernt sind, zeigen ein klassisches Einschwingen ihrer Amplitude:

 

>    plot([seq(evalc(abs(photon(t,i)))^2,i=1..10)],t=0..1.6,color=black);

[Maple Plot]

Wenn man alle Moden aufsummiert (natürlich quantenmechanisch!), dann sollten sich die Wahrscheinlichkeiten von Atom und Photon für alle Zeiten zu 1 addieren, denn wir betrachten ja genau ein System!

 

>    display(pa,pp,plot(1-evalc(abs(atom))^2,t=0..1.6,0..1,numpoints=500));

[Maple Plot]

Das scheint wohl zu stimmen! Bei genauer Betrachtung sieht man, dass die Kurve für die Photonenamplitude doppelt gezeichnet ist: die zweite Kurve ist "1 - Atomamplitude".

Dann wäre es doch noch interessant, zu untersuchen, wie sich das Photon bewegt. Achtung: Wir brechen hier verschiedene Tabus!

>    display(seq(plot(E2(x,t),x=0..1,numpoints=50),t=seq(i/20,i=1..40)), insequence=true);

[Maple Plot]

The calculated photon: Was lässt sich an einem Photon berechnen und damit visualisieren? Z.B. der Erwartungswert des Quadrates der elektrischen Feldstärke. Und wenn das Atom exponentiell zerfällt, dann muss sich das wohl auch im Photon widerspiegeln? Richtig! Das Photon wird emittiert (quanten theoretisch mit gleicher Wahrscheinlichkeit nach beiden Seiten) und wenn das Atom zu einem bestimmten Zeitpunkt mit seiner Emission beginnt (das ist ein Artefakt und nicht der Quantensprung!), hat die Feldstärke eine steile Flanke auf der Vorderseite. Bei realen Emissionsvorgängen wird der Übergang allmählich einsetzen (in atomarem Zeitmaßstab) und das Photon wird nur auf einer Seite zu finden sein (Impulserhaltung). Die Animation zeigt noch weitere Artefakte, nämlich Knickstellen auf dem exponentiell abfallenden Teil. Sie verschwinden, wenn man mit höherer Auflösung (300x300-Matrix) rechnet.

Kein Artefakt ist allerdings die Interferenz des Photons mit sich selbst, wenn es reflektiert wird. Eine Lupe an der rechten Grenze des Hohlraums zeigt die zeitlich veränderliche stehende Welle:

>    display(seq(plot(E2(x,t),x=0.9996..1,title=convert(t,string)),t=seq(evalf(0.5+i/250),i=0..40)),insequence=true);

[Maple Plot]

Was ist also ein Photon?

Links:

 

'Moderne Physik mit Maple'

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