Dispersion
Wenn die Ausbreitungsgeschwindigkeit (Phasengeschwindigkeit)
von Wellen von ihrer Frequenz abhängt, spricht man von Dispersion. Die
bekannteste Erscheinung von Dispersion ist der Regenbogen: durch die
unterschiedliche Ausbreitungsgeschwindigkeit der Lichtwellen in Wasser werden
verschiedene Farben beim Übergang von Luft zu Wasser (und zurück)
unterschiedlich stark gebrochen.
Wenn die
Ausbreitungsgeschwindigkeit für große Frequenzen
(blau) kleiner ist als für kleine Frequenzen
(rot), spricht man von "normaler Dispersion", im
umgekehrten Fall von "anomaler Dispersion".
Es gibt eine Vielzahl von
Möglichkeiten, "Dispersionsrelationen", also den
Zusammenhang von Ausbreitungsgeschwindigkeit c,
der Wellenlänge λ und der Frequenz f, zu
formulieren. Die bekannteste ist c(f) = λ∙f.
Wenn c(f) = c konstant ist, liegt keine
Dispersion vor (z.B. Licht im Vakuum).
Für die rechnerische Untersuchung ist es bequemer, die
Dispersionsrelation in der Form ω
= k∙c(k) zu verwenden. Darin ist ω = 2πf die
Kreisfrequenz und k = 2π/λ die Wellenzahl.
In realen Medien kann c(k)
eine recht komplizierte Funktion sein, die
überdies von vielen Parametern
(Materialkonstanten und Art der Welle) abhängt.
Um das Wesentliche darzustellen, werden auf
dieser Seite zwei Ansätze ("mathematische
Medien") gezeigt:
1.
Näherung
Normale Dispersion:
Die
Phasengeschwindigkeit c(k) (grün) nimmt
mit der Wellenzahl k ab.
Die
Kreisfrequenz ω = k∙c(k)
(goldbraun) hat eine
negative Krümmung
(violett) und ist nicht proportional zu k wie im
dispersionsfreien Fall (rot).
Die
Gruppengeschwindigkeit dω/dk (blau) ist
kleiner als die Phasengeschwindigkeit.
|
|
Anomale Dispersion:
Sinngemäß. Alles klar?
|
|
Dass sich verschiedene Wellen in verschiedenen Medien mit
unterschiedlicher Geschwindigkeit ausbreiten, beschert uns zwar den
schönen Regenbogen, ist aber ansonsten nicht weiter spannend. Lässt sich
der Bogen etwas weiter spannen?
Wie wäre es mit der Überlagerung zweier Wellen unterschiedlicher Frequenz?
|
Ohne Dispersion läuft die blaue und die
rote Welle mit der gleichen Geschwindigkeit wie ihre Überlagerung
(grün). Auch die Einhüllende (schwarz) der
Wellengruppe hält sich an die "Richtgeschwindigkeit". Das ist
nicht gerade spannend, aber mit der Überlagerung bekommen wir zumindest
eine Schwebung.
Lässt sich die Spannung steigern?
|
|
Normale Dispersion
Rot überholt grün, grün überholt blau und blau überholt schwarz
(Darstellung mit gleicher Gruppengeschwindigkeit wie ohne Dispersion).
Das ist doch schon etwas spannender!
|
|
Anomale Dispersion
"Sinngemäß"!
Anmerkung: Die Animationen wurden so erstellt, dass die Geschwindigkeit
der resultierenden Welle (grün) in beiden Animationen
gleich ist. Die Gruppengeschwindigkeit ist dann bei anomaler Dispersion
doppelt so groß wie bei normaler (in diesem Beispiel).
|
|
Tipp: Die Wiedergabe der
Animationen hängt vom Browser und der Grafikkarte ab. Ggf. das Fenster so klein
machen, dass nur zwei Animationen zu sehen sind, und die Seite neu laden.
Wenn man die Animationen so einrichtet, dass sich die
Wellengruppe in beiden Fällen (normale und anomale Dispersion) mit gleicher
Geschwindigkeit auf dem Bildschirm bewegt, erhält man:
Normale Dispersion
|

|
Anomale Dispersion
|
|
Wellenpakete
Überlagert man nicht nur zwei
Wellen, sondern "beliebig viele", erhält man
Wellenpakete.
Das
Standardbeispiel ist das "Gauß-Paket", also die
Überlagerung von Wellen aus einem
kontinuierlichen Spektrum (k) mit
Gaußverteilung.
Mit der hier verwendeten Näherung (c ~ k) ist
die Einhüllende (rot) wieder ein Gauß-Paket,
allerdings mit veränderlicher Breite, die zum
Zeitpunkt (hier t = 0) minimal ist: das Paket
zerfließt (bildet sich aber auch).
Normale Dispersion:
Die Gruppengeschwindigkeit ist kleiner als die
(mittlere)
Phasengeschwindigkeit der blauen Welle.
Langwellige Anteile überholen kurzwellige (Chirp).
|
|
Anomale Dispersion:
Sinngemäß...
Übrigens: so verhalten sich Materiewellen(pakete)
auch schon im Vakuum, siehe "Moderne Physik mit Maple"
Wellenpakete.
|
|
2. Näherung
|
|
Die Phasengeschwindigkeit c(k)
~ k² (grün) hat ein Extremum (Nullstelle der
Geraden in türkis).
Die
Kreisfrequenz ω = k∙c(k)
(goldbraun) ändert die
Krümmung
(violett) und ist nicht proportional zu k wie im
dispersionsfreien Fall (rot).
Die
Gruppengeschwindigkeit (blau) kann
kleiner oder größer als die Phasengeschwindigkeit sein (und auch
negativ, jedenfalls in diesem Beispiel :-).
|
|
|
|
Nun bleibt
ein Gaußpaket im Wellenzahlraum kein Gaußpaket
im Ortsraum.
Bei geeigneter Wahl der Parameter kann man sogar
"stehende Wellenpakete" erzeugen, die allerdings
mit Chirp zerfließen.
|
|
Nimmt man nicht ein
kontinuierliches Spektrum, sondern ein diskretes
(hier mit äquidistanten Linien), so erhält man
sogar eine Folge von Paketen.
Siehe auch
Frequenzkamm.
Alles nur
Maple-Spielerei?
Ja - auch. Aber solche Experimente werden
inzwischen mit Laserpulsen und sogar mit
einzelnen Photonen gemacht!
|
|
|