Man redet heute oft vom
Quantensprung. Vor allem
Politiker und Esoteriker wollen damit sagen,
dass es sich dabei um etwas ganz Besonderes
handelt. Für die Milliarden von Milliarden
von Atomen des Universums ist der
Quantensprung aber etwas ganz Normales
(jedenfalls im Bohrschen Atommodell). Sie
absorbieren ein Photon...
![[Maple Plot]](images/h71.gif)
Zeitlupe... und emittieren es
wieder.
Ob und wann das geschieht, bleibt dem puren
Zufall überlassen, hat also weder Ursache
noch Ziel.
Also: Wenn ein schwarzes Atom ein rotes
Photon absorbiert, wird es rot. Und wenn ihm
dieser Zustand nicht gefällt, wird es wieder
schwarz. Alles ganz spontan. (Nun ja - so
spontan auch wieder nicht, das
Vakuum
muss sich an diesem Übergang schon
beteiligen :-)).
Wenn man das Atom mit seinem Photon im
Vakuum einsperrt, passieren lustige Dinge:
Der unterbrochene Quantensprung!
Was findet man mit
Google
zum Quantensprung?
"Quantensprung ist ein Begriff aus der
Quantenphysik, der im New-Age-Jargon
als Metapher für eine radikale Veränderung
im Denken oder eine sprunghafte
Bewusstseinsentwicklung verwendet wird.
Die Tatsache, dass ein Quantensprung möglich
ist, heißt nicht automatisch, dass er auch
stattfinden muss. Dazu müssen eine
genügend große Anzahl von Menschen bereit
sein, die neuen Möglichkeiten anzunehmen
und auszuschöpfen. Die Freiheit der
Entscheidung liegt bei jedem Einzelnen."
Oder einfach: "Ein Quantensprung
ist gelungen" (Kulturhofrat Dr. M. G.)!
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Liebe Leser, ich freue mich, dass dieser
Artikel so oft gelesen wird. Aber den Quantensprung gibt es nicht in der realen
Welt!
Was nun?
Die Wortschöpfung (oder -hülse?)
"Quantensprung" entstand in den frühen Zeiten der Quantenphysik, um Problemen
bei Rechenverfahren der Quantentheorie einen Namen zu geben.
Mehr ist eigentlich nicht - oder nur mit Ironie - zu sagen.
Dass sich mittlerweile im Rauschen des Blätterwalds die Erkenntnis durchsetzt,
dass der Quantensprung nicht sehr groß sein kann und auch nicht instantan
erfolgt, stimmt mich hoffnungsvoll. Vielleicht führt diese Entwicklung ja zur
endgültigen Abschaffung des Quantensprungs?
Wie schon Schrödinger 1952 sagte: "Das
Ablassen von der Theorie der Quantensprünge, die mir persönlich von Jahr zu Jahr
unannehmbarer erscheinen, hat nun freilich erhebliche Konsequenzen."
Oder: "Noch viel tiefer verwurzelt ist die Vorstellung von den
sprunghaften Übergängen - den „Quantensprüngen“
- wenigstens nach den Worten und Redewendungen, die sich stehend eingebürgert
haben. Allerdings in einer sehr verklausulierten Fachsprache, deren
gutbürgerlicher Sinn oft sehr schwer zu erfassen ist. Beispielsweise gehört zum
ständigen Vokabular die sogenannte Übergangswahrscheinlichkeit oder
„Sprungwahrscheinlichkeit“. Man kann aber doch von der Wahrscheinlichkeit eines
Ereignisses nur dann reden, wenn man denkt, dass es auch zuweilen wirklich
eintritt. Und in diesem Falle hier, da man von Zwischenzuständen bei diesen
Überlegungen dann nichts wissen will, so muss der Übergang wohl ein plötzlicher
sein. Denn er könnte, wenn er Zeit gebrauchte, durch eine unvorhergesehene
Störung in der Hälfte
unterbrochen werden, und dann wüsste man überhaupt gar nicht, woran man ist.
Die angeblich scharfe und fundamentale Begriffsbildung bekäme ein Loch."
Viel Spaß mit
"Noch ein paar Anmerkungen zum Quantensprung. © Michael Komma 1995"
Leibniz war sich sicher: "Natura non facit
saltus" (die Natur macht keine Sprünge - wie schon von Aristoteles vermutet) und
in dieser Tradition war sich Einstein ebenso sicher, dass "Gott nicht würfelt".
Alles ist kontinuierlich und verläuft kontinuierlich und kausal. In der
klassischen Physik werden Zustände und Änderungen durch stetige und
differenzierbare Funktionen beschrieben - bis hinein in infinitesimal kleine
Raumgebiete und Zeitabschnitte. Die Idee des Kontinuums und ihre überwältigend
erfolgreiche Anwendung in der Infinitesimalrechnung (Leibniz und Newton)
zusammen mit der festen Überzeugung, dass jede noch so kleine Ursache auch eine
beliebig kleine Wirkung hervorruft und nichts dem Zufall überlassen ist, prägten
das Weltbild der klassischen Physik.
So gesehen waren Demokrits Atome kein Thema mehr,
denn alles war ja beliebig oft teilbar - zumindest in Gedanken. Doch dann kam
Planck
mit seinem "Wirkungsquantum" (und Einstein war so genial das ernst zu nehmen).
Warum hatte man das nicht schon früher (z.B. zu Demokrits Zeiten) entdeckt? Das
Wirkungsquantum ist unvorstellbar klein! Verglichen mit Wirkungen unserer
Alltagswelt beträgt es nur 1/10000000000000000000000000000000000 oder 10^(-34)
Wirkungseinheiten. Wenn die Natur also Sprünge macht, dann macht sie
grundsätzlich nur ganz kleine Sprünge und es gibt bis heute keine "klassische
Erklärung" dafür (und es wird sie wohl nie geben). Warum bewegt sich dann
überhaupt etwas in unserer klassischen Welt? Weil es unvorstellbar viele
Teilchen gibt!
Weshalb Redner und Werbeagenturen trotzdem immer
wieder den Quantensprung missbrauchen, z.B.: "So einen Sprung nach vorn gab es
noch nie. Ich würde sogar von einem Quantensprung sprechen. Das sind
erdbebenartige Änderungen!", lässt sich allerdings ganz klassisch erklären: Man
will mit einem unbekannten Begriff Aufsehen erregen - ein ziemlich sicheres
Indiz dafür, dass jemand seine Wirkung total überschätzt.
Was bedenklicher ist: Selbst der Duden fällt auf
diese Masche herein. Aber vielleicht verwechselt man dort ja den Quantensprung
mit dem 'dialektischen Sprung' oder 'Qualitätssprung' (Hegel und Engels), nach dem Motto "Irgendwann schlägt
Quantität in Qualität um".
Und was hat das Ganze mit dem Vakuum zu tun? Im
Vakuum (der Quantenelektrodynamik) tummeln sich sehr viele virtuelle Teilchen.
Durch sie werden Quantensprünge der realen Teilchen induziert. Aber ich möchte
jetzt die Analogie zur real existierenden Politik nicht weiter strapazieren
(z.B.: Angeber aller Länder vereinigt euch?), zumal es den Quantensprung nicht
wirklich gibt...
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