H-Orbitals im Kontinuum

© 2018 Michael Komma

Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Wasserstoffelektrons für
verschiedene Energien und Quantenzahlen im Kontinuum.
(Eine kurze Notiz...)

 

Bei Zuständen des "Wasserstoffatoms im Kontinuum" denkt man meistens an ein Elektron, das an einem Proton "vorbeifliegt", weil seine (gesamte) Energie positiv ist (E>0). Im Gegensatz zu den diskreten Zuständen mit negativer Energie (E<0) "gibt es keine Quantenzahlen mehr". Das trifft zwar für die elastische Streuung und die Bremsstrahlung zu, wenn also ein Elektron vor und nach der Wechselwirkung (dem "Stoß") einen bestimmten Bahnimpuls hat, man übersieht dabei aber gerne, dass es neben diesen "makroskopischen Zuständen" mit kontinuierlichem Eigenwertspektrum (für Energie, Bahnimpuls und Drehimpuls) auch noch Zustände mit diskreten Quantenzahlen gibt:
Im Kontinuum wird aus der "Hauptquantenzahl" n (für E<0) die Energie E>0. Aber es gibt weiterhin Zustände mit diskreten Werten für l (Drehimpuls) und m (Orientierung).

Diese schon von Schrödinger berechneten Zustände führen ein Schattendasein und sollen hier etwas näher beleuchtet werden. Kommen sie in der "freien Natur" überhaupt vor? Jedenfalls braucht man sie in der Theorie, um aus diesen "Partialwellen" Zustände mit kontinuierlichen Werten für Bahnimpuls und Drehimpuls aufzubauen.

Wir vergleichen zunächst den gebundenen Zustand n=20, l=19, m=17 (Abbildung links) mit seinem Pendant im Kontinuum (Abbildung rechts), der betragsmäßig die gleiche Energie besitzt:

 


Gebundener Zustand: Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons in der x-z-Ebene. Die z-Achse ist Polarachse.

Freier Zustand: Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons in der x-z-Ebene. Die z-Achse ist Polarachse.
Dabei fällt auf:
1. Der gebundene Zustand ist "relativ gut lokalisiert", während der ungebundene Zustand "Streuwellen" zeigt (die man in der Theorie ja auch braucht :).
2. Im Vergleich zum "gebundenen Elektron" findet man das "freie Elektron" nicht nur in den Streuwellen beliebig weit außen, sondern auch bei kleineren Abständen zum Proton (im Zentrum gedacht).

Anmerkung zur Darstellung: Gebundene Zustände werden auf 1 im gesamten Raum normiert. Freie Zustände werden "asymptotisch normiert", d.h., die Wahrscheinlichkeit das Elektron irgendwo in großer Entfernung vom Proton/Zentrum anzutreffen wird auf 1 gesetzt. Mit dieser Einschränkung zur Vergleichbarkeit der Darstellungen im Hinterkopf, kann man sich aber überlegen wie "freie Zustände" im Vergleich zu "gebundenen Zuständen" aussehen. Dazu kann man drei Parameter verwenden: a) n bzw. E, b) l und c) m.

Die folgenden Animationen laufen im Sekundentakt.

a) Änderung mit Energie:  
n=18..27, l=15, m=10
E=1/(2*n^2), l=15, m=10 
Was u.U. weniger bekannt ist: Bei konstanter Drehimpulsquantenzahl l hält sich das gebundene Elektron mit steigender Hauptquantenzahl n näher am Kern auf. Das freie Elektron kommt dem Kern noch näher als das gebundene. Die Wellenlänge der "Streuwelle" ändert sich hier nur wenig, weil sich die Energie (E>0) nur wenig ändert.
b) Änderung mit l:  
n=22, l=10..19, m=l-5
 
 E=0.001, l=10..19, m=l-5 
 
Weniger überraschend: Bei konstantem n bzw. E findet man das Elektron in größerem Abstand, wenn sich l erhöht.
   
c) Änderung mit m:  
n=22, l=21, m=5..15
 
E=0.001, l=21, m=5..15 
 
Im Vergleich zu gebundenen Zuständen ändert sich bei den Wellenfunktionen für freie Zustände nur die Radialfunktion (die Laguerrschen Polynome werden durch hypergeometrische Funktionen ersetzt). Demnach bleibt auch das Muster der Winkelabhängigkeit für verschiedene m erhalten. Für l = n-1 sieht man den Unterschied zwischen gebundenem und freien Zustand besonders gut: Das gebundene Elektron ist "relativ gut lokalisiert", während das freie Elektron "fast überall" anzutreffen ist. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass sich das freie Elektron vom Kern entfernt (wie ein Komet auf einer Hyperbelbahn), vielmehr kann es auch ohne radiale Bewegung "in der Nähe des Kerns schweben" (man beachte die unterschiedliche Länge der Achsen in der linken und rechten Abbildung).
Natürlich gibt es auch Übergänge zwischen Zuständen aller Arten - mehr oder weniger wahrscheinlich...

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